Der 8. März ist in Berlin ein Feiertag. Lustigerweise bekomme ich das nie so richtig mit, weil ich zur Arbeit in ein anderes Bundesland pendle, in dem es eben kein Feiertag ist. Dieses Jahr arbeite ich nicht und bin da, es macht mir aber auch nicht viel aus, weil ich krankheitshalber schon so lange frei habe, dass mich ein zusätzlicher Feiertag auch nicht besonders beeindruckt. Ein Tag hin oder her. Ich habe auch Schwierigkeiten die Realität anzunehmen, weil ich beschließe mir während eines Spaziergangs das neue Buch von Minthu Sanyal zu kaufen. Als Geschenk für mich selbst zum Frauentag eben. Erst nachdem ich mehrmals an der Tür einer Buchhandlung rüttele und das Schild „geschlossen“ sehe, verbinde ich die beiden Tatsachen. Feiertag – Buchhandlungen haben zu. Naja.
Ich merke erst später, wie sehr ich mit der Tatsache verwirrt bin, dass der 8. März im Bundesland Berlin ein Feiertag ist. Einerseits ist es etwas Gutes, Positives, weil man darauf aufmerksam macht, dass es an diesem Tag um Frauen geht. Aber auf der anderen Seite, auf welche Weise? Alles, wozu dieser Tag letzten Endes reduziert wird, sind höchstens Blumen, wenn überhaupt, Zitatkacheln auf Social Media und neue Hashtags. Das letztere trägt vielleicht noch am meisten zu mehr Sichtbarkeit von relevanten Themen bei, auch wenn mir die Formulierung „Feministischer Kampf“ nicht besonders zusagt. Aber an sich heißt es an dem Tag, nett zu den Frauen sein, Komplimente machen, bis der Tag dann irgendwann vorbei ist.
Blumenschenken ist an sich nett und angenehm (oder zumindest nett gemeint), aber ich würde mich erst dann freuen, wenn ich inklusive Blume die Wünsche rascher Gleichberechtigung, ausgeglichener Lohnzahlung und Anerkennung meiner Gefühle und Emotionen als gleichwertig denen eines Mannes erhalten würde. Nicht als passives Symbol der Schönheit, ein Attribut, dass mich ästhetisch, zart und vergänglich erscheinen lassen soll. Ich möchte an diesem Tag, dass jeder Mann weiß, wie stark ich bin und dass diese Stärke gar nicht gegen ihn gerichtet ist, sondern zu meinem Gunsten wirkt.
Paradoxerweise bestätigt dieser Feiertag eine schlechte Position der Frauen in der Gesellschaft, einmal ein freier Tag zur Erholung, und das nur in einem Bundesland, damit man Kräfte für das Schuften und Vereinbarkeit für Familie und Karriere sammelt. Der freie Tag bewegt uns nicht unbedingt mehr zu mehr Diskussionen der Gleichberechtigung, sondern lässt alle, uns eingeschlossen, in eine Form des Feierns abgleiten, die letzten Endes wie im Sozialismus nicht mehr als eine verwelkte Nelke und ein Paar Strümpfe bedeutet, Entgegennahme obligatorisch.
Politik kann sich entspannt zurücklehnen – also in Berlin ist Frauentag sogar Feiertag – uns sind Frauen sehr viel wert. Gender pay gap und all die anderen Formen der Diskriminierung werden nicht von der Welt geschafft, auch wenn frau die Öffies am 8.März 21% billiger nutzen darf.
Um es etwas pragmatischer und konstruktiver zu sehen: ein langes Wochenende hat ja noch niemandem geschadet, da sind wir uns alle einig. Vor allem, wenn zufälliger weise auch noch gutes Wetter ist. Aber ein Beitrag zur Gleichberechtigung ist es nun mal nicht wirklich.